Adventskalender: Törchen 23
Hinter dem heutigen Törchen verbirgt sich eine von mir selbst geschrieben Geschichte. Sie ist erst heute entstanden, also noch ganz neu. Hoffentlich gefällt sie euch ... :)
Weihnachten.
Es war jener kalte und harte Winter des Jahres neunzehnhundertdreiundachzig. Die Leute sprachen noch Jahre später ehrfürchtig darüber. Der Schneefall setzte bereits Ende September ein und mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat zog sich der eisige Klammergriff fester um das Dorf Hogsmeade und das darüber thronende Schloss Hogwarts. Was einige zunächst als Pracht und Schönheit der Natur empfanden, wurde schnell zum Fluch. Zum weißen Fluch, wie einige damals sagten. Die Schüler hatten wir bereits zwei Wochen früher in die Weihnachtsferien geschickt, denn auch die Schneeschutzzauber des Hogwarts-Expresses hatten ihre Grenzen und ich wollte nicht, dass sie alle über Weihnachten im Schloss festsitzen.
Es war jener kalte und harte Winter des Jahres neunzehnhundertdreiundachzig. Die Leute sprachen noch Jahre später ehrfürchtig darüber. Der Schneefall setzte bereits Ende September ein und mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat zog sich der eisige Klammergriff fester um das Dorf Hogsmeade und das darüber thronende Schloss Hogwarts. Was einige zunächst als Pracht und Schönheit der Natur empfanden, wurde schnell zum Fluch. Zum weißen Fluch, wie einige damals sagten. Die Schüler hatten wir bereits zwei Wochen früher in die Weihnachtsferien geschickt, denn auch die Schneeschutzzauber des Hogwarts-Expresses hatten ihre Grenzen und ich wollte nicht, dass sie alle über Weihnachten im Schloss festsitzen.
Eine
Woche vor Weihnachten schließlich bat ich die Bewohner von
Hogsmeade, hoch ins Schloss zu ziehen. Aufgrund des verfrühten
Schneefalls hatte kaum jemand genug Holz für den Winter gesammelt
und die dicken Steinwände der Schule boten einen besseren Schutz,
als es die dünnen Holzhäuser im Dorf taten. Fast alle Dorfbewohner
nahmen dankbar an, selbst mein Bruder Aberforth, wenn auch unter
einigem Murren.
Tagsüber
hielten sich die meisten von uns nun in der Großen Halle auf, wo ein
warmes Kaminfeuer flackerte und provisorische Schlaflager aufgebaut
waren. Die Stimmung war niedergeschlagen, bei Lehrern gleichsam wie
bei Dorfbewohnern. Lediglich der eine, große Weihnachtsbaum, welcher
in der Mitte der Halle stand, vermochte die Menschen ein wenig
aufzuheitern. Hagrid hatte es sich nicht nehmen lassen, hinaus in den
meterhohen Schnee zu stapfen und zumindest einen einzigen
Weihnachtsbaum zu fällen und aufzustellen. Die Kollegen rund um
Professor Flitwick statteten den Baum mit allem erdenklichen Schmuck
und Lichtern aus, und ich kann wohl mit Recht behaupten, dass es der
prächtigste Weihnachtsbaum war, den die Schule je gesehen hatte. Mit
seinen vielen hundert Lichtern und den goldenen und roten Kugeln
wurde der Baum für die Schlossbewohner eine Art Leuchtfeuer der
Hoffnung in der erdrückenden Dunkelheit, welche sich mit den
Schneemassen über die Gemüter gelegt hatte.
So
harrten sie nun alle aus, Dorfbewohner und Lehrer gleichermaßen und
hofften, das kommende Weihnachtsfest und den Winter heil zu
überstehen. Auch die Vorräte der Schule würden irgendwann zur
Neige gehen. Meine größte Sorge galten zu dieser Zeit aber eher der
einzigen Person, welche meiner Einladung auf das Schloss nicht
gefolgt war.
Für
Minerva McGonagall war Elphinstone Urquart der wichtigste Mensch in
ihrem Leben gewesen. Seit ihrer Heirat drei Jahre zuvor hatten die
beiden vielleicht nicht die ganz große Liebe, dafür aber die
innigste Freundschaft entwickelt, die mir je untergekommen ist.
Elphinstones Tod, welcher gut einen Monat zurücklag, hatte Minerva
in ein tiefes Loch stürzen lassen, und der verfrühte Ferienbeginn
hatte sie noch darin bestärkt, sich immer weiter zurückzuziehen und
in stiller Trauer allein in ihrem Haus am Rande von Hogsmeade zu
bleiben.
Es
war inzwischen eine Woche her, dass ich Minerva gesehen hatte, und
ich konnte nicht weiter tatenlos im Schloss ausharren. Ich machte
mich, unter vielen ungläubigen Blicken, aber auch bekräftigenden
Zurufen, auf, sie zu suchen. Dichtes Schneegestöber schlug mir
entgegen, als ich das Schlossportal öffnete. Den meterhohen Schnee
zu durchqueren war zugegeben eine Herausforderung, aber ich kenne da
den einen oder anderen nützlichen Zauber und kam schließlich auf
der Hauptstaße des verlassenen Dorfes an. Ganz am Ende bog ich nach
links und ging direkt auf das kleine, gemütliche Haus zu, an dessen
Tür immer noch ein Schild mit der Aufschrift Urquard &
McGonagall hing. Mein Klopfen blieb ohne Reaktion, also ging ich
hinein. In der Hütte war es kaum wärmer als draußen; das
Kaminfeuer schien schon vor Stunden erloschen zu sein. Mein Blick
fiel auf die Hintertür, welche einen Spalt weit offen stand, sodass
der Schnee sich bereits einen Weg hinein gesucht hatte. Ich ging dort
hinaus. Eine Spur, zweifellos von Minerva, führte nach links, am
Rande des Verbotenen Waldes entlang. Ich hatte eine Ahnung, wo
Minerva sein könnte.
Ich
folgte der Spur und erreichte schließlich den kleinen Friedhof
zwischen Waldrand und Kapelle. Direkt in der ersten Reihe kauerte
eine Gestalt; zitternd, frierend, schluchzend. Langsam ging ich auf
sie zu.
»Minerva?«
Das
Schluchzen verstummte und Minerva McGonagall blickte auf. Tränen
glitzerten auf ihren Wangen und mischten sich mit den Flocken des
anhaltenden Schneegestörbers. »A – Albus? Was machst du hier?«
»Ich
habe mir Sorgen um dich gemacht. Du solltest nicht alleine hier
draußen in der Kälte ausharren.«
»Du
hättest nicht herkommen sollen. Ich möchte nicht unter Menschen
sein.« Ihre Stimme hatte einen kühlen Ton angenommen.
»Glaubst
du wirklich, dass es in Elphinstones Sinne gewesen wäre, wenn du vor
seinem Grab erfrierst, Minerva?« Bei der Erwähnung des Namens
zuckte sie leicht zusammen.
»Ich
– ich kann ihn doch nicht hier draußen im Stich lassen«, sagte
sie schwach.
»Es
spielt keine Rolle, wo du dich befindest. Alles was zählt ist, dass
wir diejenigen, die wir lieben, in unseren Herzen tragen. Und du
trägst ihn in deinem Herzen, Minerva. Er weiß das. Auch, wenn du
nicht an seinem Grab bist. Ich bitte dich, komm mit mir aufs Schloss.
Niemand sollte Weihnachten in Einsamkeit verbringen.«
Endlich
rappelte sie sich auf. Sie versuchte, die Tränen wegzublinzeln.
»Meinst du wirklich, dass ...«
»Ja,
ganz sicher. Und nun komm, sonst bringst du dich noch ernsthaft in
Gefahr!«
Ich
ließ keinen Widerstand mehr zu und langsamen Schrittes gingen wir
gemeinsam hinauf zum Schloss. Am Portal wurden wir bereits von
vielen, aufgeregten Dorfbewohnern empfangen. Sie alle schienen
glücklich, dass Minerva wohlbehalten im Schloss angekommen war. Und
selbst Minerva brachte ein schwaches Lächeln ob der Fürsorge
zustande, die ihr entgegengebracht wurde. Einige Minuten später, als
sich der Trubel etwas gelegt hatte, sah ich sie alleine, aber immer
noch mit einem leisen Lächeln auf den Lippen vor einem der weiten
Fenster der Großen Halle stehen. Langsam trat ich neben sie.
»Sieh
doch. Elphin hat mir ein Zeichen geschickt«, flüsterte sie
ehrfürchtig. Ich war schon im Begriff, zu fragen, wie sie das
meinte, als mein Blick dem ihren folgte: Es hatte aufgehört zu
schneien. Die Wolkendecke, welche seit Monaten verschlossen war,
begann bereits, aufzureißen; ein großer Stern schien hell vom
Himmel herab und spiegelte sich in Minervas grünen Augen wieder.
Immer
mehr Leute kamen herbei und folgten unseren Blicken. Ein glückliches
Murmeln hob an. Das Ende des Schneefalls erschien uns allen wie ein
wahres Wunder.
»Ein
Wunder der Weihnacht«, vollendete Minerva meinen Gedanken. »Frohe
Weihnachten, Elphin. Frohe Weihnachten, Albus.«
Rückblickend
muss ich sagen, dass jenes Weihnachtsfest im Jahr
neunzehnhunderdreiundachzig eins der schönsten war, die ich auf
Hogwarts erleben durfte. Wir waren immer noch eingeschneit, und der
Schnee blieb auch nach Weihnachten noch wochenlang liegen, aber das
Ende des Schneefalls hatte die Menschen bestärkt, hatte ihnen die
Hoffnung gegeben, dass der weiße Fluch doch zu bezwingen war.
Wir
alle versammelten uns um den prächtigen Weihnachtsbaum und ließen
uns von seinem Glanz und unserer Gegenseitigen Freude verzaubern.
»Frohe Weihnachten, Minerva.«
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